Vereinshalle
Inhalt
Geschichte Tabakschopf in Balzhofen
Nutzungsrecht für den Musikverein
Balzhofen war seit seiner Entstehung schon immer landwirtschaftlich geprägt. Neben Ackerbau und Viehzucht war neben dem Obst- auch der Tabakanbau vorherrschend. Besonders seit dem 19. Jahrhundert wurde der Tabakanbau immer stärker forciert, 1856 stellte das Bezirksamt bei einer Ortsbereisung fest, dass der Boden gut für den Hanf- und Tabakanbau sei. 1864 schlug man den Bau eines neuen Tabakschuppens vor, 1857 wurde die polizeiliche Ermächtigung zum Bau des Schuppens erteilt. Aber der Tabakanbau ging nach dem Aufschwung in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts wieder zurück. 1939/40 erbaute der Tabakbauverein Balzhofen im Bühlfeld einen Tabakschuppen. Gerade in dieser Zeit erlebte der Tabakanbau in unserer Region die Blütezeit, auch tatkräftig unterstützt vom damaligen Regime. 1940 wird erwähnt: Im weiten Umkreis der Gemarkung heben sich im Sommer die mehr oder weniger großen Tabakfelder von dem bunten Allerlei ab. Jeder Landwirt des Dorfes ist Tabakpflanzer. Er darf sich die Größe der Anbaufläche nicht selbst wählen, sondern bekommt sein ‚Kontingent‘ zugewiesen. Ebenso prüft die Gemeindebehörde die Tabaksorte, welche der Einzelne anpflanzt. Ein großes Ereignis war dann immer, wenn die Zigarettenfabrikanten im Ort waren und den Tabak begutachteten und von den Landwirten kauften. Die waagrecht angebrachten und schließbaren Außenjalousien erlaubten eine kontrollierte Lüftung während der Trocknungsphase, zudem sorgten diese auch bei Windstille für einen guten Durchzug im Tabakschuppen. Bei Nebel, feuchter Witterung und Sonne wurden die Jalousien geschlossen damit der Tabak geschützt blieb.
Im Folgenden seien kurz die Arbeitsgänge des Tabaks von der Aussaat bis zur Ablieferung angegeben: Im März erfolgt das Aussäen in Frühbeetkästen, Ende Mail das Auspflanzen ins freie Feld. Nach dem Häufeln, Geizen und Köpfen blattet man Gumpen, später Sandblatt. Der eingefädelte Tabak wird zum Trocknen im Tabakschuppen aufgehängt. Im November gepäckelt und den Zigarettenfabrikanten geliefert.
Ab der Mitte des letzten Jahrhunderts ging dann der Tabakanbau stetig zurück. Besonders die auftretende Blauschimmelkrankheit sorgte für einen plötzlichen Rückgang der Anbaufläche. Der Verkauf des Tabaks erfolgte dann schließlich für die umliegenden Gemeinden zentral beim Feuerwehrhaus in Oberbruch. Ende der 1980-er Jahre wurde der Tabakschuppen dann letztmals von der Familie Lienhart zum Tabakaufhängen genutzt.
Im Oktober 1990 empfahl der damalige Vorsitzendes des Tabakvereins Alfred Hensel der Stadt Bühl den seit einigen Jahren nicht mehr genutzten Tabakschopf abzureißen und das Gelände für den Bau von Wohnhäusern zu nutzen.
Laut Satzung des Tabakvereins geht ein möglicher Reingewinn an den Musikverein „Harmonie“ Balzhofen e.V. über, daher ging der Tabakschopf in das Eigentum des Musikvereins über. Auf der letzten Mitgliederversammlung des Tabakbauvereines lösten die anwesenden Mitglieder Alfred Hensel, Eugen Hensel, Rudolf Jäger, Manfred Lempert und Ignaz Ochs den Tabakbauverein im Dezember 1991 auf. Der Tabakschopf wurde vom Landesdenkmalamt zum Kulturdenkmal erklärt.
In einem Gestattungsvertrag von 1992 mit der Stadt Bühl erhielt der Musikverein für die Dauer von 25 Jahren das Nutzungsrecht im Erdgeschoß und die Stadt verpflichtete sich den Tabakschopf dauernd ordnungsgemäß zu erhalten. Darüber hinaus verpflichtete sich die Stadt für entsprechende Ersatzräumlichkeiten, sollte der Tabaktrockenschuppen innerhalb des vereinbarten Zeitraumes aufgegeben werden müssen. Der Musikverein nutzte den Tabakschuppen für die Lagerung und Unterstellung sämtlicher, vor allem sperriger, Ausstattungsgegenstände für das Pfingstmusikfest, wie Bühne, Bar, Kaffeestube, Fahrzeuganhänger, usw.
Des Weiteren diente der Tabaktrockenschuppen als Raum für das Präparieren des Maibaumes, den Bau von Fest- und Umzugwagen und anderen handwerklichen Tätigkeiten im Rahmen der Brauchtumspflege.
Da der Tabakschopf unter Denkmalschutz steht mussten über die Jahre eine größere Anzahl an aufwendigen Reparaturen vorgenommen werden, u.a. eine komplett neue Eindeckung des Daches. Schon ab dem Jahre 2001 wurde über eine Aufhebung des Denkmalschutzes nachgedacht, in einem entsprechenden Schreiben der Vereinsvorstände an den Oberbürgermeister der Stadt Bühl betonte dieser im Rahmen einer Bürgerversammlung: „Die Vorstellungen waren interessant und angemessen und die Einhaltung des Vertrages bis 2016 ist gewährleistet.“
Im Jahre 2005 bereits konkretisierten sich mögliche Abrisspläne der Stadt Bühl für den maroden Tabaktrockenschuppen innerhalb von zwei Jahren, da notwendige Sanierungsmaßnahmen zu teuer sind. In einem Brief der Verantwortlichen von Balzhofen an die Stadt wurde die vertragliche Situation beleuchtet. Bevor der Tabakschopf abgerissen wird, muss Ersatz geschaffen werden.” so der Ortsbeauftragte Thomas Haunß. Stünde nicht mehr genügend Raum für die erwähnten Aktivitäten und die Lagerung der Gegenstände zur Verfügung, würden die Möglichkeiten der Vereine im erheblichen Maße eingeschränkt. Bei fehlendem Raum befürchtet er außerdem, dass die vorbildlich funktionierende Dorfgemeinschaft leiden könnte. Rolf Schultheiß, der Vorsitzende des Musikvereins, ergänzte: „In Balzhofen gibt es außer dem Tabakschopf keine ausreichenden öffentlichen Lagerräume. Das Haus Harmonie hat keinen Keller und das Obergeschoss ist ungeeignet, da der Zugang sehr gefährlich ist. Die beiden Garagen beim Haus Harmonie sind in ihrer Lagerfähigkeit bereits voll ausgenutzt. Wir haben jetzt eine historisch einmalige Chance in optimaler Lage neben dem Festplatz ein Lagergebäude zu errichten” Dafür nötige Grundstücke wären von Balzhofener Bürgern an die Stadt verkauft worden mit der Absicht, dass diese für die Dorfgemeinschaft genutzt würden.
Dadurch sollte auch die sehr hohe Miete für die Ausleihe des Festzeltes reduziert werden. Dafür nötige Grundstücke waren von Balzhofener Bürgern an die Stadt verkauft worden mit der Absicht, dass diese für die Dorfgemeinschaft genutzt würden. Ein Teil der Gelder zur Finanzierung der Grundstücke stammt gar aus einer Schenkung einer verstorbenen Balzhofener Bürgerin.
In einer gewissenhaften Bestandsaufnahme definierten die Balzhofener Vereine die Anforderungen und gestalteten einen ersten Entwurf mit einem Grundriss von 30 x 15 mtr. Dieser Entwurf musste abgespeckt werden, so dass die weiteren Planungen von einer Grundfläche von 300 Quadratmetern ausgingen, der Grundriss hatte 20 x 15 mtr. Die ermittelten Gesamtkosten beliefen sich zunächst auf ca. EUR 240.000,-. Der Entwurf fand im Stadtrat bei der Haushaltsverabschiedung aber keine Zustimmung, stattdessen wurden € 5.000,- für die Verkehrssicherheit des Tabakschopfs eingestellt.
Abbildung 1: Bericht Badisches Tagblatt vom Dienstag, 15. Januar 2008
Damit war der Entwurf politisch nicht mehr durchsetzbar und die Vereine erhielten den Auftrag den Entwurf zu überarbeiten und die Kosten deutlich zu reduzieren. Die Vereine entschlossen sich nach einer internen Sitzung dazu das Projekt aus dem Haushaltsentwurf 2008 zu nehmen und in 2009 erneut einzubringen. Damit war der Bau erst Mal auf Eis gelegt.
Abbildung 2: Bericht Badisches Tagblatt vom Samstag, 15.Februar 2008
Der Zeitraum sollte dafür genutzt werden die politischen Vertreter der Parteien nochmals ausführlich über die Situation und die getätigten Vorleistungen Balzhofener Bürger zu informieren. Im April 2008 gingen dann entsprechende Einladungen an die Fraktionen. Es galt vor allem zu überzeugen, dass eine Halle unabdingbar ist und nicht durch eine oder mehrere Fertiggaragen ersetzt werden kann. Ebenso galt es die Kosten transparent darzulegen. Sie enthielten dringend notwendige Saniermaßnahmen im Abwasser-bereich, die nicht direkt dem Hallenneubau zugeordnet werden konnten. Es wurde erreicht, dass diese Kosten aus dem Budget heraus-genommen und somit ein neuer Investitionsbetrag von EUR 200.000,- angesetzt wurde, letztlich gelang es einen Entwurf über den Betrag von EUR 180.000 in den Haushaltsentwurf einzubringen.
Abbildung 3: Bericht Badisches Tagblatt vom Samstag, 16.Februar 2008
Abbildung 4: Bericht Badisches Tagblatt vom 13. Dezember 2008
Und dann kam das Krisenjahr 2009! Dramatische wirtschaftliche Einbußen machten auch vor Bühl nicht Halt und der Oberbürgermeister Hans Striebel war gezwungen eine Haushaltssperre zu erlassen, die sich auch auf den Neubau der Lagerhalle auswirkte. Außerdem war der Aspekt zu berücksichtigen, dass der bestehende Bebauungsplan für das Seelgreut erst geändert werden musste, damit der Bauantrag für die Lagerhalle genehmigt werden kann. Anfang 2010 wurde das Projekt wieder vorangetrieben und im Juli 2010 titelte die lokale Presse „Durchbruch für Bau einer Vereinshalle in Balzhofen geschafft“.
Abbildung 5: Bericht Badisches Tagblatt vom 27. Juli 2010
Abbildung 6: Bericht Acher- und Bühler Bote vom 27. Juli 2010
Abbildung 7: Bericht Badisches Tagblatt vom Donnerstag, 30. September 2010
Der Bau erfolgte nach den Plänen von Dieter Graf, einem in Balzhofen lebenden Architekten vom Atelier für Bauplanung und Bautechnik. Die Kosten für den eigentlichen Bau wurden nach oben gedeckelt auf höchstens EUR 140.000,-, für die Realisierung war es daher notwendig, dass sich alle Vereine im Dorf mit hoher Eigenleistung einbringen mussten.
Abbildung 8: Ansicht der Vereinshalle (Architekt Dieter Graf)
Geplant war eine Kaltlagerhalle in Holzbauweise, die sich harmonisch in das Bild der Ortsmitte einfügen sollte. Die Firsthöhe beträgt 8,50 Meter, die Höhe der beiden Außenwände 5,00 Meter. Zwei große Rolltore jeweils an der Stirnseite der Halle sorgen für eine reibungslose Durchfahrt und somit schnellen Transport. Ursprünglich bestand die Idee einen Dachüberstand von 5,00 Meter zum Festplatz hin zu haben um den Unterstand in die Abwicklung des Festbetriebes mit zu integrieren. Aus Kostengründen wurde auch dieser Dachüberstand gestrichen und auf 1,00 Meter reduziert. Die beiden politischen Vertreter im Gemeinderat Frau Barbara Becker und Prof. Dr. Karl Ehinger konnten in einer Sitzung durchsetzen, dass im Bebauungsplan nicht grundsätzlich nur 1,00 Meter Dachüberstand erlaubt ist.
Abbildung 9: Perspektiven der Vereinshalle (Architekt Dieter Graf)
Anfang Oktober 2010 begannen die Arbeiten zum Bau der neuen Vereinshalle. Zu Beginn hatte die Feuerwehr und der Obst- und Gartenbauverein einen Arbeitseinsatz, bei dem die markierten Bäume gefällt und das angefallene Holz entsorgt wurde. Ende Oktober wurde von der ortsansässigen Fa. Gaiser der Mutterboden abgetragen und der Bauplatz vorbereitet. Für die Stahlstützen der Pfeiler mussten Fundamente gebohrt und ausgegossen werden. Direkt folgend wurde die Bodenplatte betoniert. Bereits hier war intensive Eigenleistung der örtlichen Vereine notwendig. Beispielsweise wurden auch sämtliche Elektroarbeiten auf der Baustelle in Eigenleistung durchgeführt. Mit dem Beginn des Probewochenendes zum Jahreskonzert 2010 am Freitag, 29. Oktober rückte eine Spezialfirma an und begann mit dem Schleifen der Bodenplatte; eine ganze Nacht dauerte diese Arbeit. Nach knapp einer Woche war Anfang November somit die Phase I Fundament und Bodenplatte bereits fertig.
Abbildung 10: Bericht Badisches Tagblatt vom Freitag, 29. Oktober 2010
In der Folge gab es zunächst Verzögerungen von zwei Wochen, da noch nicht alle notwendigen Bauteile verfügbar waren. Am 17. November 2010 begannen die Arbeiten zum eigentlichen Aufbau der Lagerhalle. Beauftragt war vom Bauträger Stadt Bühl das Unternehmen Dausch. Das fast durchweg nasskalte Wetter machte die Arbeiten nicht sehr angenehm. Auch für diese Arbeiten wurden zahlreiche Helfer der Vereine zur Unterstützung bereitgestellt.
Abbildung 11: Bericht Badisches Tagblatt vom Donnerstag, 25. November 2011
Am Samstag, 22. Januar 2011 trafen sie dann zahlreiche Helfer aus allen Vereinen zum Umräumen aller Utensilien aus dem Tabakschopf in die neue Vereinshalle.
Abbildung 12: Bericht Acher- und Bühler Bote vom Montag, 24. Januar 2011
Gemäß Planung sollte der Tabakschopf bereits zum Jahresende 2010 abgerissen werden, aber der frühe Wintereinbruch und die lang anhaltende Kälteperiode ließen die Arbeiten nicht zu. Im April 2011 rückten die Bagger der Fa. Gaiser an und der Tabakschopf in Balzhofen wurde abgerissen. Damit verschwand ein langes Stück Geschichte und zukünftig werden viele kleine Anekdoten über das große Gebäude im Unterdorf erzählt werden. Das Grundstück wird geteilt und an zwei Balzhofener Bürger als Baugelände verkauft.
Abbildung 13: Bericht Badisches Tagblatt vom Dienstag, 4. April 2011
Schon bei der ersten Nutzung in 2011 beim 59. Pfingstmusikfest waren die Vorteile der neuen Lagerhalle direkt neben dem großen Festzelt deutlich spürbar. Kurze Wege für den Transport des Inventars mit dem Stapler anstelle der vielfachen und aufwändigen Fahrten mit Traktor und Pritschenwagen. Optimale Unterstellmöglichkeiten in der Lagerhalle über die Festtage, z.B. der Festzeltmöbel. Auch die neuen Außenanlagen schaffen mehr Platz für die Anordnung der Kühlwagen. In den nächsten Monaten wird die Lagerung durch Zukauf von Paletten und Regalen weiter optimiert.
Abbildung 1: Bericht Badisches Tagblatt vom Dienstag, 15. Januar 2008.
Abbildung 2: Bericht Badisches Tagblatt vom Samstag, 15.Februar 2008.
Abbildung 3: Bericht Badisches Tagblatt vom Samstag, 16.Februar 2008.
Abbildung 4: Bericht Badisches Tagblatt vom 13. Dezember 2008
Abbildung 5: Bericht Badisches Tagblatt vom 27. Juli 2010
Abbildung 6: Bericht Acher- und Bühler Bote vom 27. Juli 2010
Abbildung 7: Bericht Badisches Tagblatt vom Donnerstag, 30. September 2010
Abbildung 8: Ansicht der Vereinshalle (Architekt Dieter Graf)
Abbildung 9: Perspektiven der Vereinshalle (Architekt Dieter Graf)
Abbildung 10: Bericht Badisches Tagblatt vom Freitag, 29. Oktober 2010.
Abbildung 11: Bericht Badisches Tagblatt vom Donnerstag, 25. November 2011
Abbildung 12: Bericht Acher- und Bühler Bote vom Montag, 24. Januar 2011
Abbildung 13: Bericht Badisches Tagblatt vom Dienstag, 4. April 2011
Bild 1: Grundstück vor der Bebauung
Bild 2: Fundamente werden vorbereitet
Bild 3: Stützen für die Pfeiler sind eingegossen
Bild 4: Bodenplatte wird betoniert
Bild 4: Bodenplatte wird geschliffen
Bild 5: Bodenplatte ist fertig
Bild 6: Die Hülle der Lagerhalle wird aufgestellt
Bild 7: Dacheindeckung
Bild 8: Die Lagerhalle steht
Bild 9: Der Tabakschopf wird ausgeräumt
Bild 10: Die Vereinshalle wird eingeräumt
Bild 11: Johannes Hoffmann instruiert die Helfer
Bild 12: Der Tabakschopf wird abgerissen
Bild 13: Der Tabakschopf in Balzhofen ist Geschichte
Bild 14: Pflasterarbeiten
Bild 15: Pflasterarbeiten sind fertig (November 2011)
Bild 16: Bepflanzung ist fertig (Mai 2012)